1.
Letztes Jahr, Ende November, wurde – als erste einer Trilogie – meine Ausstellung The Ovidians in den Galerien für Kunst und Technik in Schorndorf eröffnet. Der Titel der Ausstellung ist der Titel eines Bildes aus dem Jahr 2012 und auch der Untertitel einiger weiterer Arbeiten. Abgleitet ist er selbstverständlich von ‚Ovid‘, dem Namen unter dem der römische Dichter Publius Ovidius Naso als Autor der ‚Metamorphosen‘ berühmt ist. Angeregt dazu hat mich die Vorstellung einer TV-Serie – wie zum Beispiel ‚The Sopranos‘ – über eine zeitgenössische Gruppe von Leuten und die Metamorphosen ihrer Selbstbilder.
Bei der Wahl des Titels habe ich mich dann daran erinnert, dass bei einem Interview Alexander Kluge – sinngemäß – sagte, die Metamorphosen des Ovid handelten von Leuten, die immer dann, wenn’s schwierig werde, sich verwandelten. Bestärkt hat mich zudem die Lektüre des Buches ‚Transformations – Identity Construction In Contemporary Culture‘ von Grant McCracken, worin dieser zu Beginn ebenfalls auf Ovid verweist. Thematisch ist, dass wir allen Einschränkungen zum Trotz, gewöhnlich darauf insistieren ‚unser‘ Leben zu gestalten, das heißt, ein Leben zu führen, das der Fülle und dem Wandel unserer Vorstellungen von ‚Leben‘ entspricht.
Dieser Anspruch auf Autorschaft am eigenen Leben mag dadurch begrenzt sein, dass „wir Menschen stets mehr unsere Zufälle sind als unsere Wahl“ (Odo Marquard) – womit zusätzliche Gründe für unsere persönlichen Metamorphosen und die Modifikationen unserer Selbstbilder gegeben sind – dennoch wollte niemand es wohl hinnehmen, eine Rolle im Leben und der Gesellschaft einfach zugewiesen zu bekommen.
Es ist also – als Freiheitswirkung – zuträglich für den Menschen, viele (mehrere) Überzeugungen zu haben […] viele (mehrere) Traditionen und Geschichtenzu haben und auch viele Seelen – ach! – in der eigenen Brust: nicht gar keine und nicht nur eine, sondern viele; […]. (MARQUARD; a.a.O.)
Johannes Meinhardt hat eine kluge Rede zur Eröffnung gehalten und Thomas Milz, der Kritiker der ‚Schorndorfer Nachrichten‘, hat bezüglich meiner Bildkompositionen sehr scharfsichtig von „anklickbaren Konstellationszusammenhängen“ geschrieben.
Während der Ausstellung ist im Rahmen der ‚Schorndorfer Edition‘ ein Siebdruck – THE GOLDEN DAWN – von mir vorgelegt worden, der beim Kulturforum Schorndorf bestellt werden kann. Dem Fotografen Frank Kleinbach verdanke ich einige schöne Aufnahmen der Ausstellung.
2.
Seit dem 27. Februar dieses Jahres ist in der Galerie der Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen am Kronenhof in Esslingen meine Ausstellung Movidores zu sehen. Tobias Wall besorgte mit einer bewegenden Rede die Einführung, nachdem Willy Roßbach vom Vorstand der Bank die zahlreichen Gäste begrüßt hatte.
Die Ausstellung versammelt insgesamt zweiundachtzig Exponate und kann noch bis zum 27. Juli besucht werden. Auch den Titel dieser Ausstellung habe ich, als Untertitel allerdings, zuerst für ein Bild verwendet, die Arbeit THE OVIDIANS / MOVIDORES.
‚Movidores‘ ist ein ans Spanische angelehntes Kunstwort, worin, wie Tobias Wall bemerkt hat, ebenfalls der Name ‚Ovid‘ steckt und das, ähnlich den ‚Ovidians‘, auch eine imaginäre Community benennt, hier allerdings mit dem Akzent auf‘s ‚Bewegen‘ – ist doch unsere ‚Produktion von Identität’ nicht zu trennen von unseren Versuchen in die Welt auszugreifen, von dem Bemühen sichtbar zu werden in der Welt, Akteure zu sein.
Der Körper ist der Nullpunkt der Welt, der Ort, an dem Wege und Räume sich kreuzen. [ … ] Er ist der kleine utopische Kern im Mittelpunkt der Welt, von dem ich ausgehe, von dem aus ich träume, spreche, fantasiere, die Dinge an ihrem Ort wahrnehme und auch durch die grenzenlose Macht der von mir erdachten Utopien negiere. Mein Körper gleicht dem Sonnenstaat. [ … ] von ihm gehen alle möglichen realen oder utopischen Orte wie Strahlen aus. (FOUCAULT, S. 34)
3.
Aurora Consurgens ist der Titel meiner Ausstellung im Kunstverein Würzburg, der letzten dieser Trilogie. Eva-Suzanne Bayer hat sie mit einer temperamentvollen und kenntnisreichen Rede eröffnet. Die Ausstellung ist wesentlich kleiner als die beiden anderen, zweiundzwanzig Exponate, sie geht am 25. April mit einer Finissage zu ende.
„Aurora Consurgens“, ‚aufsteigende Morgenröte‘, ist ursprünglich der Titel eines alchemistischen Traktates aus dem 15. Jahrhunderts (um 1420). The Ovidians sollte den Aspekt der Selbstveränderung, genauer, den Anspruch auf Autorschaft am eigenen Selbst, thematisieren; Movidores, sollte den Aspekt des Bewegens und Bewegt-werdens hervorkehren. Die Ausstellung Aurora Consurgens dagegen thematisiert in Anlehnung an die Alchemie den Weg der Wandlung – metaphorisch von der „Prima Materia“ zum „Lapis Philosophorum“. Allerdings glaube ich nicht an einen allgemein verbindlichen Weg zum Heil, zur Erfüllung, zum Glück, an universelle Strategien für ein gelingendes Leben, aber ich schließe mich Emmanuel Levinas an, der in „Die Zeit und der Andere“ schreibt: „Das alltägliche Leben ist ein Sich-Sorgen um das Heil.“ Aurora Consurgens ist dem steten, dem täglichen Sich-Aufmachen im doppelten Sinne gewidmet. Und mit Odo Marquard finde ich …
Menschliche Freiheit lebt von der Gewaltenteilung. Das bisherige Fazit ist: zur Würde des Menschen gehört, dass es das Zufällige leiden kann; und zu seiner Freiheit gehört die Anerkennung des Zufälligen. Darin steckt positiv: die Respektierung menschlicher Würde ist vor allem das Mitleid; und die Respektierung menschlicher Freiheit ist vor allem die Toleranz. (MARQUARD; a.a.O.)
Mein besonderer Dank gilt, der Geschäftsführerin vom Kulturforum Schorndorf, Alexa Heyder, sowie Miriam Escher, Eberhard Abele, Ulrich Kost und Hans Schmid, Dr. Beatrice Büchsel für die Führungen, und Dr. Johannes Meinhardt für die Rede zur Eröffnung der Ausstellung The Ovidians.
Besonders zu danken habe ich ebenso den Kuratoren der Ausstellung Movidores, Dr. Karl O. Völter und Dr. Tobias Wall sowie dem Vorstand der Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen, insbesondere Willy Roßbach und Franz Scholz, außerdem Rainer Ziegler von der Unternehmenskommunikation.
Für die Ermöglichung der Ausstellung Aurora Consurgens gilt mein besonderer Dank Dr. Eva-Suzanne Bayer, ihr insbesondere auch für die Rede zur Eröffnung, sowie Nadine Bernard, Ramona Lang-Fränznick, Cornelia Heesen, Christopher Knaus und Maren Metoja vom Kunstverein Würzburg.
Dietrich Schneider danke ich herzlich für die Abwicklung der Transporte, der Galerie & Edition Bode, der Galerie Anja Rumig und der Galerie Wagner + Marks für die gute Zusammenarbeit.
Quellen:
Foucault, Michel; Die Heterotopien – Der utopische Körper, (Suhrkamp) Frankfurt am Main 2005
Levinas, Emmanuel; Die Zeit und der Andere, (Meiner) Hamburg 2003
Marquard, Odo; Apologie des Zufälligen, (Reclam) Stuttgart 2008
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