Zu meiner Überraschung ist gestern mit der Post ein Buch gekommen, das ich erst viel später erwartet habe: „Second Diasporist Manifesto“ von R. B. Kitaj.

R. B. KITAJ; Second Diasporist Manifesto, (Yale University Press) New Haven u. London 2007
R. B. Kitaj (1932-2007) gehörte sicherlich spätestens seit den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts zu den großen Anregern in der bildenden Kunst, seine Bedeutung für die figurative Malerei und Zeichnung der Jahrzehnte seitdem ist enorm. Schon früh hat mich seine Arbeit, sein eigenwilliges, kämpferisches Werk fasziniert und diese Faszination hat nie nachgelassen. Auch ich bin ein Maler, Zeichner mit einer Leidenschaft für Bücher, unordentlicher Bildung und dem Glauben an die Kraft des geschriebenen und überlieferten Wortes. Genauso bin ich auch der Überzeugung, dass dies einem genuin bildnerischen Denken und der Arbeit als bildender Künstler nicht im Wege steht. Anfang 2006 hatte ich Kitaj meinen damals neuesten Katalog „Stückland“ geschickt, kurz darauf bekam ich Post aus Los Angeles. Kitaj schrieb da unter anderem, „ I am getting old now and painting my last years here in Los Angeles among my sons and grandsons. “. Das klang sehr nach Abschied, wie nahe dieser war, hat wohl kaum jemand geahnt. Nicht lange danach, 2007, kurz vor seinem fünfundsiebzigsten Geburtstag ist R.B. Kitaj gestorben.

R. B. KITAJ; Erstes Manifest des Diasporismus, (Arche) Zürich 1988
1988 ist „Erstes Manifest des Diasporismus“ von Kitaj beim Arche Verlag in Zürich erschienen, darin war ein zweites Manifest in Aussicht gestellt worden. Nahezu zwanzig Jahre hat es gedauert bis es erscheinen konnte. 2007, kurz vor Kitajs Tod, ist es bei der Yale University Press herausgekommen.
In seinen späten Jahren hat sich Kitaj entschieden als Erbe jüdischer Überlieferung verstanden und als jüdischer Künstler in die reiche Tradition einer jüdischen Moderne in Kunst, Kultur, Wissenschaft und Politik gestellt. Seine Malerei bezeichnete er als eine skeptische, diasporistische Kunst (a skeptical Diasporist art), als eine Kunst der Diaspora, geprägt durch die Erfahrung von Heimatlosigkeit, Unsicherheit, Gefährdung und vor allem die Erfahrung der Shoah.
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