Ausstellung

Keine Sommerpause

Der Sommer ist für die meisten Urlaubszeit, für mich dagegen, in der Regel, die Zeit, die Ausstellungen des Herbstes vorzubereiten. Dieses Jahr standen aber auch für den Sommer bereits ungewöhnlich viele Ausstellungen mit meiner Beteiligung im Kalender.

Seit dem 2. August zeigen die BEGE Galerien in Ulm/Neu-Ulm die Ausstellung SommerARTigkeiten, in der ich neben Manu Wurch, Carlo Borer, Martin C. Herbst und Hartmut Landauer mit Arbeiten präsent bin.

Am 12. August, eröffnete der Württembergische Kunstverein im Kunstgebäude in Stuttgart die Ausstellung Urbanes Leben, zu der ich auch eine kleine Arbeit, eine Radierung mit dem Titel BNSW(Happy)  aus meiner Serie BNSW (BilderNamenSätzeWorte), eingereicht habe.

In  vervielfältigbaren Medien werden, so die Leitung, Iris Dressler und Hans D. Christ, des Kunstvereins, „individuelle Erlebnisräume thematisiert, die sich die StadtnutzerInnen in privaten Nischen als Gegenentwurf zur Monokultur des Ökonomischen aufbauen. Gleichzeitig wird der urbane Raum als Ort des Konflikts, der politischen Auseinandersetzung einerseits und der Solidarität und Freiheit andererseits verhandelt. Die Ausstellung Urbanes Leben ist somit auch ein Spiegelbild der Wunschprojektionen auf Freiräume, Modelle der Partizipation und alternativen Lebenspraxen.“

Im Reader zu dieser Ausstellung ist auf Seite 16 über meinen Beitrag zu lesen:

Als Pendant zum „Visual Cruising“ seiner Bilder, veranschaulicht die Serie BNSW ein korrespondierendes „Mental Cruising“. Jede Arbeit ist jedoch als visueller Nukleus selbständig. BNSW(HAPPY) „reproduziert“ auf Zeitungspapier den Ausriss einer englischsprachigen Zeitung mit dem Satzfragment „happy just to be in one piece“. Das Zeitungsfragment mit dem Statement der Freude über die eigene Ganzheit reflektiert das paradoxe Insistieren des einzelnen auf Ganzheit in einer fragmentierten Gesellschaft. Dabei meint Ganzheit keineswegs Abgeschlossenheit, Beschränkung, sondern im Gegenteil Offenheit, Potenzialität, Fülle der  Möglichkeiten. Jeder beansprucht ein ganzes Leben, eines, das seinen diversen Selbstbildern genügt und es ermöglicht diese im Alltag auch zu entwickeln.

 

Tillmann Damrau, BNSW(HAPPY), Radierung (Fotogravüre), ca. 5 x 8,5 cm , 2004

Tillmann Damrau, BNSW(HAPPY), Radierung (Fotogravüre), ca. 5 x 8,5 cm , 2004


Tags darauf am Samstag, dem 13. August, wurde in der Galerie Anja Rumig in Stuttgart die Ausstellung Keine Sommerpause 1 eröffnet, in der ich neben Paul Breinig, Wolfgang Gäfgen, Christine Gläser, Jörg Mandernach, Rainer Nepita, Markus F. Strieder, Willi Weiner und Ernst Wolf mit  einigen Arbeiten auf Papier bis vergangenen Samstag ebenfalls vertreten war.

 

Tillmann Damrau, HOME, 2010,  Mixed Media/Papier, 40 x 29,7 cm, courtesy Galerie Anja Rumig

Tillmann Damrau, HOME, 2010, Mixed Media/Papier, 40 x 29,7 cm, courtesy Galerie Anja Rumig

 

In der Galerie Brötzinger Art in Pforzheim ist derzeit die Ausstellung Flüsse-Wälder-Inspirationen zu sehen. Die Galerie Brötzinger Art ist ein Kunstverein und bezeichnet sich selbst als „ Verein für künstlerische Auseinandersetzung“.  Im Rahmen des vom Pforzheimer Kunstverein initiierten Flößerprojekts „Als die Wälder auf Reisen gingen“ zeigen Willi Weiner, Katharina Meister, Christiane Erdmann und ich Skulpturen, Zeichnungen, Malerei, Scherenschnitte zum Thema (Schwarz-)Wald und Wasser.

Als Beitrag zum Saisonstart der Frankfurter Galerien eröffnete am Abend des 2. September die galerie wagner + marks meine Ausstellung Burglars of Beauty.

 

Tillmann Damrau, YALLA, 2011, Mixed Media/Leinwand, 140x 120 cm, courtesy galerie wagner +marks

Tillmann Damrau, YALLA, 2011, Mixed Media/Leinwand, 140x 120 cm, courtesy galerie wagner +marks

Als ich Mitte Juni einen Titel für die Ausstellung suchte,  knobelte ich an einer griffigen Formulierung für eine Stimmung des Umbruchs, der Neuorientierung. Nun war und ist es, angesichts der Ereignisse der letzten Monate und Wochen in Politik und Wirtschaft, nicht schwer, Anlass für ein Gefühl gesellschaftlichen Umbruchs, der Neuorientierung zu haben. Mittlerweile haben einige konservative Publizisten solchem Gefühl ebenfalls Ausdruck verliehen – Charles Moore im Londoner Telegraph, Constantin Seibt im Züricher Tagesanzeiger und Frank Schirrmacher in der FAZ meldeten Zweifel am Bestand des konservativen Weltbildes. Prominent formulierten sie den Eindruck, dass die Standards des Konservatismus in den letzten Jahren zur rhetorischen Maske einer brutalen Politik der Bereicherung weniger auf Kosten der Vielen geworden ist – Charles Moore, der autorisierte Biograf von Margaret Thatcher, formulierte knapp:

The rich run a global system that allows them to accumulate capital and pay the lowest possible price for labour. The freedom that results applies only to them.

Wichtig für meine Kunst war immer ein individueller Anspruch auf aktive Lebensgestaltung, auf die Autorschaft der eigenen Lebensgeschichte und die Lust, diese Geschichte immer wieder umzuschreiben – letztlich an der Verwandlung; und selbstverständlich beinhaltet dies die Suche nach dem Glück und die Freude an Bildung, diese nicht vor allem als Ressource wirtschaftlichen Fortkommens verstanden, sondern im Sinne von Odo Marquard als Freude an der Fülle der Welt(bilder)und damit  an der Möglichkeit von Freiheit.

Bilder, gerade die unbewegten und stummen, bieten in Distanz zum Alltäglichen die Möglichkeit eines veränderten Bildes unserer Erfahrungen und damit die Möglichkeit eines veränderten Bildes von Selbst und Welt. Burglars of Beauty thematisiert in diesem Sinne den Einbruch veränderter Sichtweisen ins Reich des offensichtlich Selbstverständlichen. „Schön“ ist in diesem Falle nicht ein normativ Gesetztes, sondern zunächst vor allem die Formbarkeit unserer Lebensverhältnisse, die „Plastizität“ des Wirklichen, das Aufblitzen einer Ironie der Dinge («une ironie des choses»), die sich den Zumutungen der Eindimensionalität entziehen.

Bilder sind keine Vorschriften, wie etwas gesehen werden muss, sie schaffen vielmehr den Raum, etwas anders zu zeigen und zu sehen.

Unvergleichlich formuliert Jacques Rancière dies im Buch „Der emanzipierte Zuschauer“ (S. 79).

Die Fiktion ist nicht die Erschaffung einer imaginären Welt, die der wirklichen Welt entgegengesetzt ist. Sie ist die Arbeit, die den Dissens vollzieht, die die Modi der sinnlichen Präsentation und die Formen der Aussage verändert, indem sie die Rahmen, die Maßstäbe oder die Rhythmen ändert, indem sie neue Verhältnisse zwischen der Erscheinung und der Wirklichkeit, dem Einzelnen und dem Allgemeinen, dem Sichtbaren und seiner Bedeutung herstellt.

 

BEGE-Galerien, Ulm/Neu-Ulm
SommerARTigkeiten
2. August bis 8. Oktober 2011 (Ulm)

 

Württembergischer Kunstverein, Stuttgart
URBANES LEBEN             
13. August bis 11. September 2011

 

Galerie Anja Rumig, Stuttgart
KEINE SOMMERPAUSE 1
13.August bis 3. September2011

 

Galerie Brötzinger Art, Pforzheim
Flüsse-Wälder-Inspirationen
02. September bis 24. September 2011

 

galerie wagner + marks, Frankfurt am Main
Burglars of Beauty
02. September bis 29. Oktober 2011

 

Quellen:

MARQUARD, ODO; Apologie des Zufälligen, (Reclam) Ditzingen 1986

RANCIÈRE, JACQUES; Der emanzipierte Zuschauer, (Passagen Verlag) Wien 2009

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